Fox Glacier
Um 7:00 Uhr heißt es heute für uns aufstehen. Gerne, denn der Himmel ist fast wolkenlos, wir können sogar von unserem Zimmer aus die Spitze des Mt. Cook sehen! Schnell frühstücken wir, richten unser Lunchpacket für die Gletschertour und brechen auf.
Zuerst in Richtung des nahe gelegenen Lake Matheson. Dieser eignet sich hervorragend für sogenannte „Spiegelbilder“, also Fotos, in denen z.B. Wälder, Bäume, Berge gespiegelt abgelichtet werden. Voraussetzung dafür ist gutes Wetter, oder besser Sonnenschein, möglichst kein Wölkchen am Himmel und kein Wind oder Enten auf dem See, denn sonst taugt die Seeoberfläche nicht mehr als Spiegel.
Leider wird uns schnell klar, dass wir zu spät unterwegs sind. Denn der Himmel bewölkt sich zusehends und der See ist zwar nah, aber um ihn zu umrunden, um das Bild der Bilder zu machen, bräuchten wir zu lange, denn um 9:15 Uhr müssen wir uns zur Ausstaffierung für die Gletschertour im Ort einfinden. DAS Bild wäre der Mt. Cook und der daneben liegende Mt. Tasman, die sich im Lake Matheson spiegeln.
Dafür machen wir aber unterwegs zum See nicht minder atemberaubende Aufnahmen von diesen ca. 3700 Meter hohen Bergen im aufsteigenden Morgennebel. Am See selbst herrscht eine phantastische Morgenstimmung, der Weg führt teilweise wieder durch den schon bekannten, doch immer noch faszinierenden Dschungel und für einige schöne Fotos gibt er eine tolle Kulisse ab.
Bei den „Fox Glacier Guides“ heißt es dann: „Zeigt her eure Schuh“ ob sie steigeisentauglich sind, ansonsten bekommt man Bergschuhe zur Verfügung gestellt. Außerdem werden wir mit Steigeisen, Regenjacken und -hosen ausstaffiert und nach kurzer Einweisung geht’s los im Bus zum Gletschergrund. Bereits nach 10 Minuten sind wir schon am Ausgangspunkt unserer Gletschertour und die gut 20 Abenteuerlustigen werden auf zwei Gruppen mit je einem Guide verteilt. Wir haben uns unseren Favoriten für die Tour schon ausgeguckt: Angela, genannt Ange, ein nettes Mädel Mitte 20, deren Erklärungen wir auf Anhieb wesentlich besser verstanden haben, als bei ihrem männlichen Pendant (über die Besonderheiten des Neuseeland-Englisch lassen wir uns mal in einem gesonderten Bericht aus. Nur so viel: wir haben von einigen Briten bestätigt bekommen, dass es doch „very strange“ ist.) Jeder aus der Gruppe stellt sich kurz mit Vornamen und Herkunftsland vor und schnell wird klar, dass wir da einen bunten Völkermix beisammen haben: Deutsche, Holländer, Inder und Israeli! Die Völkerverständigung klappt in den kommenden sechs Stunden reibungslos. Zunächst führt uns Ange auf einem perfekt angelegten Weg durch den wieder einmal vorherrschenden Regenwald in die Flanke
des Gletschertales. Es geht bisweilen steil aufwärts, manchmal gesichert an Ketten, die im Fels verankert sind, manchmal über Leitern, über große Felsbrocken und kleine Bäche bis wir nach 45 Minuten den Einstieg in den Gletscher erreichen. Dabei gewinnen wir einen ersten Eindruck von der imposanten Größe des Gletschers. Bis hier ist uns durch die Kletterei mächtig warm geworden, doch nun wird’s frisch am Rande des Eises und wir monieren nicht nur die Steigeisen an die Stiefel, sondern ziehen vorsorglich auch gleich die Regenhosen an (laut Ange ist es sicher, dass es heute noch regnet) und unsere Jacken. Und dann geht’s aufs Eis! Die ersten Schritte mit den langen Metallzähnen unter den Schuhsolen sind noch etwas zögerlich, doch schnell haben wir uns dran gewöhnt. Während unseres Marsches über das Eis hält unser Guide immer mal wieder an, erklärt uns eine Menge über den Gletscher, seine Besonderheiten und erzählt auch die ein oder andere Anekdote. Außerdem führt sie uns zu ganz speziellen Stellen, markanten Löchern, Höhlen und Gletscherspalten. Dabei hat sie immer ihren Eispickel zur Hand und schlägt zuweilen sichere Tritte für uns ins Eis.
So marschieren wir im Zickzackkurs über die Gletscheroberfläche, weichen an kritischen Stellen aus und bestaunen die bizarren Eisformationen. Auch die Vesperpause findet auf dem eisigen Untergrund statt.
Insgesamt legen wir eine Strecke von ca. 3 Km auf dem Gletscher zurück, bis wir umkehren. Erst ab der Hälfte des Rückwegs fängt der Regen an. Haben wir ein Glück! Ange erzählt uns, dass sie die vergangenen zwei Tage im strömenden Regen auf dem Gletscher unterwegs war! Ganz normal sei das. Zum Glück haben wir einen Ausnahmetag erwischt.
Um 15:30 Uhr sind wir wieder runter vom Eis und ich bin froh, endlich die Steigeisen von den Füßen zu bekommen. Auch die bretterharten Bergsteigerstiefel sind alles andere als bequem. Unsere Gruppe durchquert zügig das Geröllfeld des Gletschergrundes und steigt einigermaßen geschafft in den Shuttelbus ein. In Fox Glacier angekommen ist noch das Auskleiden angesagt, ein paar kurze Verabschiedungen, Angela stellt jedem noch eine „Urkunde“ zur erfolgreichen Gletscherbegehung aus und vorbei ist das Abenteuer. Anscheinend wollen alle Teilnehmer genauso wie wir so schnell wie möglich in ihre Unterkunft, um sich eine heiße Dusche zu gönnen und anschließend etwas zu relaxen. Gesagt, getan und nach einer Stunde sind wir soweit wieder hergestellt, dass wir nochmals zum Lake Matheson fahren. Aber nicht, um Fotos zu machen (es regnet wieder wie aus Eimern), sondern um uns ein leckeres Abendessen im Restaurant am See zu gönnen. Das haben wir uns heute verdient!