Martinborough Wenn man im Büro sitzt, spielt das Wetter kaum eine Rolle. Man nimmt es kaum wahr. Hier im Neuseelandurlaub ist es ein bestimmendes Thema, denn die allermeisten Aktivitäten sind outdoor-Aktivitäten. Und da spielt gutes – zumindest passendes Wetter – eben eine entscheidende Rolle.
Heute ist das Wetter erheblich besser als gestern. Die Sonne scheint zwischen einigen Wolken hindurch, aber das Thermometer bleibt heute dennoch bei 17 Grad stehen. Also perfekt geeignet für den Besuch einiger Weingüter, von denen es hier in Martinborough und rund herum ca. 30 Stück hat. Das ist hier eine aufstrebende Weinregion besonders für Pinot Noir.
Mit Fahrrädern, die an unserer Unterkunft bereitgestellt sind, machen wir uns auf den Roundtrip, den uns Marie, unsere Vermieterin, vorgeschlagen hat. Ihre Vorschläge beinhalten auch Weingüter, deren Besuch uns Natalie Lumpp empfohlen hat. Die Räder sind eine bis mehrere Nummern zu klein für uns. Aber besser schlecht gefahren als gut gelaufen!
Um 11:00 Uhr öffnet Schubert seine Pforten. Dort probieren wir sehr gute Weine, die Kai Schubert und Marion Deimling (beides Geisenheim-Absolventen) hier erzeugen. Der Pinot Noir Marion’s Vineyard und der Terebianco, eine Cuve aus drei weißen Rebsorten (Chardonnay, Pinot Gris und Müller-Thurgau), waren meine Favoriten. Das Tasting wurde freundlich, kompetent und in gut verständlichem Englisch durchgeführt.
Gleich nebenan liegt Ata Rangi Vineyard. Ein sehr angesagtes Weingut mit großer Reputation. Alle Weine in dieser Verkostung haben uns zugesagt – einige davon begeistert. Letzteres ihr flagship wine, Ata Rangi Pinot Noir, aber auch ihr Petrie Chardonnay.
So viel Weinverkosten macht Hunger. Es ist mittlerweile Mittagszeit und einem guten Happen wären wir durchaus nicht abgeneigt. Außerdem brauchen wir ja auch ein wenig Grundlage für weitere Verkostungen. Also heißt unser nächster Tagesordnungspunkt „Poppies“.
Hier gibt es leckere „Vineyard Platters“. Aber vor dem Vergnügen heißt es erst einmal die Arbeit zu erledigen, denn die Chefin besteht darauf, dass zuerst die Weine verkostet werden, damit man weiß, was man zum Essen trinken möchte. Klingt überzeugend. Also verkosten wir hier 6 Weine, von denen vor allem der Pinot Gris und der Pinot Noir hervorzuheben sind.
Die suchen wir dann auch zu unserer hervorragend mundenden Mittagsmahlzeit aus. Da dieses Weingut ausschließlich „ab Kellertür“ verkauft, gibt es für uns wohl keine Chance, diesen Wein je wieder zu trinken. Die Welt ist klein und globalisiert! So berichtet uns ein älteres Ehepaar, dass ihr Neffe in Deutschland lebt, nachdem die typische Frage „where do you come from?“ von uns beantwortet wurde. Sie hatten ihren Neffen vor einiger Zeit besucht und schwärmten von der Badischen Region und dem Rheintal (ja, davon kann man durchaus auch schwärmen!). Und unsere Kellnerin stellt sich bald als Französin aus Marseilles heraus, was uns ein paar Sätze Französisch erlaubt – was ich ja „urlaubsmäßig“ ohnehin lieber spreche als Englisch.
Nach dieser Stärkung führt uns der Weg zum Weingut Haythornthwaite. Alles andere als ein schickes, herausgeputztes Weingut. Etwas gammelig kommt die Probierstube daher wie auch der Chef, Mark Haythornthwaite, der mit löchrigem Shirt und stark dezimierter Zahnreihe aber sehr nett, kompetent und engagiert seine Weine präsentiert. Seine besondere Leidenschaft ist der Gewürztraminer. Meine Frage, ob er DER Experte für Gewürztraminer sei, beantwortet er ohne geringstes Zögern mit einem klaren JA! Da seine Frau auch sehr leckere Marmeladen kocht, kaufen wir außer einer Flasche Wein auch zwei Gläser Marmelade.
Den Abschluss unseres heutigen Weintrails machen wir bei Brodie Estate Vinery. Kurz vor Ladenschluss kommen wir noch in den Genuss einer tollen Verkostung, die der Winzer für seine Work&Travel-Leute macht, bevor die das Gut wieder verlassen. Lustig: es sind ein paar junge Mädchen aus Niedersachsen, die heute hier als Aushilfen Netze über die Weinstöcke ausgebreitet haben. Sie machen die erste Weinprobe ihres Lebens – was man von uns nicht behaupten kann ;.))
Auch hier probieren wir sehr schöne Weine. Unter anderem können wir seinen Pinot Noir von 2010, 2011 und 2012 verkosten und schmecken, wie unterschiedlich die drei Jahrgänge ausgefallen sind. Die jeweilige Erklärung bezüglich des Wetters in diesen Jahren macht die Unterschiede verständlich. Und dabei wird klar: 2012 war ein sau-schlechter Sommer!!! Das haben wir ja am eigenen Leibe erfahren. Allerdings sei es dann Mitte März – als wir abgeflogen sind – noch ein prächtiger Herbst geworden, was die Weine gerettet hat.
Wieder an der Unterkunft angekommen, legen wir uns auf die Liegen auf dem Holzdeck vor unserem Zimmer und trinken eine Tasse Tee. Das Abendessen wird dem „dinner cancelling“ zum Opfer fallen.
Fazit: weniger als 5 Kilometer Wegstrecke – 5 tolle Weingüter – ein sehr leckeres Mittagessen (wo es guten Wein gibt, wird erfahrungsgemäß auch gut gekocht) – und ca. 35 Weine probiert, die meisten davon haben uns sehr gut geschmeckt. Was will man mehr? Auf die Frage fällt mir nur eines ein: ein paar Grad wärmer dürfte es noch werden…
PS: ein Novum heute war, dass wir zum ersten mal Im Linksverkehr Fahrrad gefahren sind. Auch eine interessante Erfahrung!