07.03.12 Schwefeldampf

07.03.2012 Vom Tongariro National Park nach Rotorua

Und wieder einmal ziehen wir weiter: nachdem wir uns am Frühstücksbuffet im Chateau kräftig gestärkt haben, packen wir unsere sieben Sachen ins Auto und fahren Richtung Norden zum Lake Taupo. Wir haben ihn bereits zwei Tage zuvor bei der Besteigung der Vulkankette sehen können, denn er ist mit seinen 606 km² der größte See Neuseelands und liegt nur 20 km vom Nationalpark entfernt. Er ist selbst ein Kratersee, wenn auch von einem ganz alten, nicht mehr aktiven riesigen Vulkan. An seinem nördlichsten Ende haben wir nochmal einen wunderbaren Blick zurück auf die beeindruckende Vulkanansammlung.
Unser erster Halt ist kurze Zeit später bei den Huka Falls. Hier wird der längste Fluss Neuseelands, der gerade erst dem Lake Taupo entsprungene Waikato River, in eine enge Schlucht gepresst und schießt dann 10 Meter tief in ein tosendes Becken.
Den zweiten Stopp an diesem Tag hätten wir uns getrost sparen können, aber die „Craters of the Moon“ locken mit ihrem verheißungsvollen Namen. Es ist der erste von einer ganzen Reihe geothermischer Areale, die entlang des „Geothermal Explorer Highway“ liegen. Man sieht hier auf einer weiten Fläche aus vielen Öffnungen in der Erde Dampf aufsteigen. Es riecht auch entsprechend schwefelig. Ab und zu sind auch größere Löcher zu sehen, an deren Grund es in kleinen Schlammbecken blubbert. Vielleicht sind wir von unserem Islandurlaub im vergangenen Jahr verwöhnt, auf jeden Fall haut uns der Park nicht gerade vom Hocker. Ganz anders sieht das allerdings 30 km weiter im „Wai-O-Tapu Thermal Wonderland“ aus. Hier findet sich auf einem recht kleinen Gebiet im wahrsten Sinne des Wortes eine sehr bunte Mischung an geothermalen Erscheinungen: etwa der brodelnde, farbenfrohe Champagner Pool, 700 Jahre alte Sinter-Terrassen, Schwefelhügel und das „Devil’s Bath“. Dabei handelt es sich um einen zerklüfteten Krater, der mit Wasser gefüllt ist. Dessen Farbe ist aufgrund der darin gelösten Arsensulfide giftgrün! Wir können uns gar nicht satt sehen an den erstaunlichsten Formen und vor allem Farben, die die Natur hier zum Vorschein gebracht hat. Nach zwei Stunden machen wir uns wieder auf den Weg nach Rotorua. Vorher wollen wir aber nochmals einen kleinen Halt einlegen, denn Wolfgang hat in einem unserer Reiseführer einen tollen Hinweis entdeckt: kurz nach Wai-O-Tapu führt die Straße an einem Bach vorbei mit dem recht ungewöhnlichen Namen „Kerosene Creek“. Dieser Bach führt auf Grund der geothermalen Aktivitäten in der Umgebung warmes Wasser! Das müssen wir uns natürlich ansehen. Und tatsächlich fließt ein wunderschönes Bächlein durch den neuseelandtypischen Wald, bildet hier und da kleine Becken und ergießt sich über einen Ein-Meter hohen Wasserfall in ein größeres Becken (die Badener stellen sich einfach mal die Geroldsauer Wasserfälle auf 35°C aufgeheizt vor). Schnell holen wir unsere Badesachen aus dem Auto und rein geht’s ins warme Badevergnügen. Durch den kleinen Wasserfall hat das Becken darunter sogar Whirlpoolcharakter. Herrlich! Baden im Bach ohne Zähneklappern. Während ich das Bad ewig genießen könnte, streikt Wolfgang nach 10 Minuten, da ihm schon die Schweißperlen im Gesicht stehen, so warm wird ihm. Kurz darauf geht es mir aber genauso und wir beenden den Badespaß. Der hat übrigens einen unerwünschten Nebeneffekt: wir muffeln ganz schön schwefelig. Aber in der Umgebung fällt man damit nicht weiter auf. Dieser Geruch steigt einem immer wieder mal in die Nase. Auch als wir Rotorua erreichen, ändert sich das nicht, denn diese Stadt mit 70.000 Einwohnern liegt auch noch in der geothermalen Zone. Das sollten wir später nicht nur riechen, sondern auch sehen. Wir machen einen kleinen Stadtrundgang vorbei am Lake Rotorua durch die Government Gardens hin zu zwei historischen Badehäusern. Das eine wurde 1908 im Tudor Stil erbaut und beherbergt heute ein Museum, das andere ist das Polynesian Spa, das 1882 eröffnet wurde und das immer noch in Betrieb ist (jetzt allerdings ein moderner Bau). In diesem Areal stoßen wir auch auf einige Maori Skulpturen und Gebäude.
Im Visitor Center der Stadt informieren wir uns über die Möglichkeiten, an einem traditionellen Hangi-Essen der Maori teilzunehmen. Als wir aber erfahren, dass dies nur mit einem Komplettprogramm (Maori Begrüßungszeremoniell, Tanz, Konzert und Essen) zu haben ist und wir die Informationsbroschüren ansehen, vergeht uns das Interesse. Wir haben keine Lust, an solchen, wohl schnell auch peinlich werdenden, touristischen Shows teilzunehmen. Stattdessen machen wir uns auf den Weg in ein nahegelegenes Stadtviertel, in dem Maori wohnen. Hier kann man sehen, wie sich gelebte Maorikultur mit der Moderne arrangiert. Was uns allerdings staunen lässt, ist, dass es in diesem Viertel an allen Ecken und Enden (auch aus den Gullis) dampft und zischt. Wir laufen mitten durch ein Geothermalgebiet, mitten in der Wohnbebauung und in den Vorgärten, auf Parkplätzen und zwischen Blumenbeeten blubbert das kochendheiße Wasser! Unglaublich!
Trotz des Schwefelgestanks in der Nase bekommen wir langsam Hunger und so begeben wir uns wieder in die Innenstadt und suchen ein Lokal. Wir wollen uns schon fast damit abfinden, dass es wohl zum Abendessen eher etwas Einfaches gibt, als wir das „Great Kiwis Ale House“ entdecken. Hier gibt es zum einen sehr viele verschiedene Biersorten und zum anderen richtig gutes Essen. Wolfgang putzt die große Grillplatte und ich bekomme zum ersten Mal in Neuseeland einen richtigen Salat. Nach dem Essen kaufen wir noch schnell Proviant für das Frühstück und die Weiterfahrt am nächsten Tag ein und begeben uns anschließend in  unsere Unterkunft „Tuscany Villas Motor Lodge“, ein wunderschönes Motel im toskanischen Stil gehalten. Und als wir das Badezimmer sehen, ist klar, dass wir heute nochmals in den Genuss eines Whirlpools kommen werden, nur dieses Mal ohne schwefligen Badezusatz.